Nachhaltigkeit des Horner Bades

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Das neue Horner Bad kann mit Superlativen aufwarten: Es umfasst 55.000 Kubikmeter umbauten Raum (so viel wie 75 Einfamilienhäuser) und 2900 Kubikmeter Wasservolumen allein im Sportbecken (so viel wie 24.167 Badewannen). Es ist ist das größte und modernste Bad der Bremer Bäder GmbH und technisch auf dem aktuellsten Stand.

Gebäude:

Bei der Konstruktion eines Gebäudes, das in der Nutzung als Versammlungsstätte (wie das Horner Bad) eingestuft ist, ist die Möglichkeit der Nutzung von natürlich nachwachsenden Baustoffen schwierig. Allein die Forderung nach nichtbrennbaren Baustoffen schließt einige Baustoffe kategorisch aus. Da wo es möglich war, wurden aber auch nachwachsende Baustoffe verwendet.

Als Beispiel hierfür sind die beiden Innendecken und der Schallabsorber der Schwimmhallen. Hier wurden Holzwolle-Akustikplatten verbaut. Diese entsprechen trotz ihres hohen Anteiles am Baustoff Holz den Anforderungen. Selbstverständlich wurde das Gebäude aber so errichtet, dass ein späterer Rückbau weitestgehend sortenrein ausgeführt werden kann. Beispiele hierfür, die frei überspannenden Stahlträger, sind zu 100% wiederverwertbar. Die Fassadenkonstruktion aus Faserzementplatten kann in entgegengesetzter Richtung demontiert, Platten, Dämmung und metallische Unterkonstruktion sortenrein dem Recyclingkreislauf zugeführt werden. Das wiederholt sich für fast alle verwendeten Baustoffe.

Energetisch liegt das Gebäude rechnerisch nahe am Passivausstandard. Der zum Zeitpunkt der Planung und Genehmigung von der Bauherrin geforderte Standard „EnEV -30 %“ ist zurzeit rechnerisch erreicht, sogar noch weiter nach unten korrigiert. Eine Validierung der Kennzahlen wird der Betrieb in den nächsten zwei Jahren zeigen.

Beispiele für die energetische Nachhaltigkeit sind die großen Fenster der Schwimmhallen, die an der gesamten Außenfläche, deckenhoch ausgeführt sind und einen Lichteinfall an drei Seiten zulassen. Daraus resultiert eine deutliche Reduzierung der Energie zur künstlichen Beleuchtung der Schwimmhalle. Das Glas selbst hat in beide Richtungen thermisch isolierende Eigenschaften. Unterhalb der Gründung des Gebäudes, wie auch an den im Erdreich liegenden Seitenwänden wurde eine durchgehende Perimeterdämmung verbaut. Das Ergebnis ist eine hochwertige Dämmung gegen das Erdreich. Außenliegende Technikräume, bei denen eine Dämmung eher dem Zweck entgegenspricht, Traforaum/ Mittelspannungsschaltanlage, Chlorgasraum usw., also Wärmelasten abgeführt werden müssen, wurden nicht in das Heizkonzept integriert. Durch den zusätzlichen Einbau einer vorgesetzten Dämmwand im Innenbereich konnte die sonst entstehende Wärmebrücke und Kondensatbildung vermieden werden.

TGA:

Das Gebäude ist mit dem aktuellen Stand der Gebäudeautomatisation ausgestattet. Zum Einsatz ist der Nachfolger des Europäischen Installationsbus (EIB), KNX, sowie bei der Beleuchtung der DALI-BUS eingesetzt worden. Die Beleuchtung des gesamten Gebäudes wurde konsequent in LED-Technik ausgeführt. In Bereichen, in denen es zu einer Beeinflussung durch Tageslicht kommen kann, sind die Lampen dimmbar ausgeführt. Die Regelung der notwendigen Helligkeit wird durch Lichtsensoren gesteuert. In Bereiche, die nicht permanent genutzt werden, steuern Präsensmelder die Beleuchtung, schalten diese ggf. auch vollständig aus. Die Möglichkeiten des KNX gehen so weit, dass nach dem täglichen Nutzungsende des Gebäudes, dieses mit einem einzigen Schaltbefehl in den Stand-By-Modus versetzt wird.

Zur Beheizung des Gebäudes kommt ausschließlich Fernwärme aus der nahegelegenen Müllverbrennung zum Einsatz. Die einzige im Bad erzeugte Energie kommt aus dem Solarabsorber, der für die Beheizung der Freibadbecken eingesetzt wird.

Die Bereitstellung von Warmwasser erfolgt durch dezentrale Warmwasserbereiter. Warmwasser wird nur an Stellen bereitgestellt, wo es auch benötigt wird. Damit entfällt die aufwendige und energieintensive Zirkulation des Warmwassers durch das gesamte Gebäude. Die Gefahr der Legionellenbildung im gesamten Netz wird drastisch reduziert. Auch die Dusch- und Waschbeckenarmaturen sind KNX-BUS-gesteuert. Eine Veränderung oder Anpassung der Durchflussmengen ist durch eine zentrale Steuerung ständig im Onlinebetrieb möglich.

RLT-Anlagen werden luftoptimiert gefahren. Der Volumenstrom der Anlagen steht immer im direkten Zusammenhang mit den Parametern der Luft. So wird die relative Luftfeuchte, die CO² Konzentration und die Temperatur immer im optimalen Verhältnis gefahren. Die Anlage der Duschen wird aus der Luft der Anlage Umkleiden gespeist. Hintergrund ist, dass sich in den Umkleiden die Luft nicht mit dem CO² der Atemluft, mit Feuchtigkeit, soweit anreichert, dass diese direkt abgeführt werden muss. Diese vorgewärmte Luft wird direkt den Duschen zugeführt, nimmt die Feuchtigkeit auf und wird der Fortluft zugeführt. Hochleistungs-Kreuzstromwärmetauscher tauschen die Energie zwischen Außenluft und Fortluft fast vollständig aus.

Die Badewassertechnik ist mit modernster Automatisierungstechnik ausgestattet.
Mehrere Industrierechner aus der S-7 Familie der Firma Siemens steuern und regeln die gesamte Anlage. Es wurden hocheffiziente Pumpen und Antriebe verbaut, die ausnahmslos über Frequenzumrichter am optimalen Lastpunkt gefahren werden. Die Dosiertechnik des Badewassers mit rechnergestützten Messeinheiten reagiert vollautomatisch auf jede Veränderung der Wasserwerte. Chemikalien zur Wasseraufbereitung werden nur in der absolut notwendigen Menge zugeführt.

Einen zentralen Aspekt zur Nachhaltigkeit stellt die Nutzung des Wassers. Schwimmbäder sind aus ihrem eigentlichen Zweck heraus, große Wasserverbraucher. In einem Schwimmbad geht durch das Rückspülen der Filter sehr viel Wasser verloren. Im Horner Bad ist eine Schlammwasseraufbereitungsanlage installiert. Das Rückspülwasser wird nicht direkt dem Kanal zugeführt, sondern im Schlammwasserbehälter zwischengespeichert. Dieses Schlammwasser wird im Nachgang in einer Ultrafiltrationsanlage regeneriert, über einen Betriebswasserspeicher aufbereitet, und den Beckenkreisläufen wieder zugeführt.

Regenwasser ist aus dem Schmutzwasserkreislauf vollständig ausgekoppelt. Im Allgemeinen wird das Regenwasser in Bremen dem Mischwasserkanal zugeführt. Beim Horner Bad wird das gesamte Regenwasser in den Lehester Langenkampsfleet abgeleitet. Hier findet eine natürliche Ableitung statt. Der Kanal und das Klärwerk werden geschont.

Wenn ein Bad geplant wird, werden die benötigten Becken festgelegt. Das sind in der Regel ein Schwimmerbecken, ein Nichtschwimmerbecken, ein Kleinkinderbecken, ein Lehrbecken und ein Kursbecken. Beim Neubau des Horner Bad ist man einen anderen Weg gegangen.
Das Sport- und Schwimmerbecken wurde mit einem multifunktionalen Hubboden ausgestattet. Dieser Hubboden ermöglicht es, alle Beckenarten in einem Becken darzustellen. Damit konnte die Kubatur des Gebäudes kleiner gehalten werden, Ressourcen eingespart werden, Nachhaltigkeit beim Bau erreicht werden.

Uwe Siefke, 01.06.2022

Technischer Leiter der Bremer Bäder GmbH